Ein Mountainbiker fährt auf einer Rückegasse und wird daraufhin vom Waldbestizer auf Unterlassung verklagt. Das Amtsgericht Aichach wies die Klage jedoch ab. Alles zu dem Fall aus Bayern hier. 

In Bayern ist das Recht auf Erholung in der Natur in der Verfassung verankert. Das beinhaltet auch, dass man für die Erholung geeignete Wege mit dem Mountainbike befahren darf. Wie geeignete Wege aussehen, das ist jedoch nicht bestimmt.

Mountainbiker unerlaubt auf Rückergasse?

Ein Mountainbiker war 2016 im Kühbacher Forst im bayerischen Schwaben in eine Nagelfalle im Wald gefahren und hat daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Jedoch war diese Nagelfalle und damit auch der Mountainbiker in einem Gebiet unterwegs, in dem der Waldbesitzer Fahrradverbotsschilder aufgestellt hatte. So erfuhr der Grundstückseigner Umberto von Beck-Peccoz, einer der größten Waldbesitzer in der Region, den Namen des Radlers und schickte ihm eine Unterlassungserklärung.

Vor dem Zivilgericht wurde jedoch schnell klar, dass sich der Grundstückseigentümer das einfacher vorgestellt hatte als es tatsächlich war. Denn trotz Verbotsschilder kann er das Mountainbiken auf seinem Land nicht einfach untersagen, denn die Nutzung des Waldes durch Jedermann ist in der bayerischen Verfassung verankert. Nach Meinung des Waldbesitzers ist eine Rückegasse, eine Schneise für Forstarbeiten, auf der der Biker unterwegs war, kein geeigneter Weg für Mountainbiker. Man kam zu keinem Urteil und auch ein außergerichtlichen Vergleich wurde vom Biker abgelehnt.

Urteil gegen Waldbesitzer gesprochen

Im April wurde der Fall vom Amtsgericht Aichach wieder aufgenommen. Der Richter fand in seiner fast halbstündigen Urteilsbegründung klare Worte. Der vor dem Zivilgericht ausgefochtene und überregional beachtete Streit zwischen Waldbesitzer und Mountainbiker sei „bedauerlich und überflüssig“ und ist aus seiner Sicht auch „zu hoch gehängt“. Tausende von Radfahrern seien täglich in Wäldern unterwegs und es „klappt doch in der Regel wunderbar“. Im Kühbacher Forst klappt es nicht. Dennoch hätte der Kläger nicht klagen müssen und der Beklagte hätte auf den Vergleichsvorschlag eingehen können, findet der Richter. Haben sie aber nicht und deshalb wurde folgendes Urteil gesprochen: Die Klage vom Forstbesitzer wird kostenpflichtig abgewiesen. Der beklagte Radler darf also weiter einen Rückeweg, der zur Bewirtschaftung dient, in dem Forst befahren.

Der Richter betont, dass es sich um eine Einzelfall-Entscheidung handelt: Es gehe um diesen Weg – „mehr nicht.“ Das in der Bayerischen Verfassung garantierte freie Betretungsrecht des Waldes für alle Bürger habe in diesem Fall Vorrang. Das sei aber kein „Freibrief für Radfahrer“, betont Hellriegel. Das Naturschutzgesetz erlaubt das Radeln auf „geeigneten Wegen“. Der Gesetzgeber habe aber weder den „Weg“ noch die „Eignung“ definiert. Im speziellen Fall habe der vom Mountainbiker genutzte Rückeweg Fahrspuren aufgewiesen und sei nicht bewachsen gewesen: „Da kann einfach nichts mehr geschädigt werden.“ Der Radler habe definitiv keinen Schaden angerichtet und deshalb könne er dort unterwegs sein.

Waldbesitzer könnten solche Wege auch nicht mit Schildern sperren, wie es im Kühbacher Forst mit Genehmigung des Landratsamtes der Fall ist. Möglich sei das nur mit einer konkreten Begründung wie zum Beispiel Fällarbeiten. Sonst würde ja das Betretungsrecht einfach ausgehebelt, begründet Hellriegel. Freiherr von Beck-Peccoz – der Jurist vertritt sich im Prozess selbst – hält das Urteil für „falsch“. Er will es genau durchlesen und den Gang in die nächste Instanz prüfen.

Öffentliches Zeichen und Bauernopfer

Der Waldbesitzer wollte ein öffentliches Zeichen setzen und dem Radler das Befahren seines Waldes auf einigen genau bestimmten Wegen verbieten lassen. Er habe nichts gegen den beklagten Radler, den er als Naturfreund einschätze. Es gehe ihm auch nicht um sein Eigentumsrecht, sondern besonders um den Schutz der Tiere, so der Kläger nach der Verhandlung. Er sei ein Unterstützer des freien Betretungsrechts und er wolle den Menschen nicht den Naturgenuss nehmen. Dazu gebe es genügend befahrbare Wege in seinem Wald. Aber der Druck durch die Freizeitgesellschaft werde immer stärker und wenn jeder Radler alle Wege, Schneisen und Pfade befahren dürfe, dann leide die Natur.

Der Radfahrer ist nach dem Urteil erleichtert und sieht sich als „Bauernopfer“: Er habe bis heute nicht verstanden, warum er vor Gericht stehe. Der strittige Weg sei für ihn eindeutig befahrbar gewesen. Der Gesetzestext „geeigneter Weg“ für Radfahrer sorgt in der Verhandlung für reichlich Interpretationsspielraum und unterschiedliche Meinungen. Manuela Pietzsch, Rechtsanwältin des Radler, bringt es so auf den Punkt: „Ich habe keine Definition für Weg.“ Radfahrer könnten alle Wege im Wald nutzen, die aus ihrer Sicht befahrbar seien und wenn sie dabei keinen Schaden anrichten würden.

(aus Allgemeiner Augsburger Zeitung)