Auch wenn mir chronisch die Geduld dazu fehlt, lese ich gerade ein Buch. Mit Stolz. „Alles kein Problem“ von Richard Carlson hat mich so sehr inspiriert, dass ich ihm diese Kolumne widmen will. 

Steffi Marth - KolumnistinUnser Leben ist echt ein einziger großer Notfall. Obwohl wir stets damit beschäftigt sind, sie blank zu fegen, wird unsere To-Do-Liste doch niemals kürzer und hauptsächlich verschwenden wir unsere kostbare Zeit damit, Probleme zu lösen. Die Gelegenheiten sich nur auf das „Hier und Jetzt“ zu konzentrieren, werden mit der Beschleunigung unseres Alltags immer geringer.

Mit dieser Aussage betrete ich keineswegs soziologisches Neuland. Der kreative Umgang mit einem meiner Unwörter des 21.Jahrhunderts, „Entschleunigung“, ist für so manchen von uns zum modernen Hobby geworden: Von klassischer Meditation bis Qigong gibt es inzwischen unzählige Nuancen von Selbsttherapie im Burnout – Vorstadium. Was für die einen die Yogamatte ist für uns das Mountainbike.

Downhill als Therapieform

Zumindest in den Abfahrtsdisziplinen ist das so. Während eines Downhill-Runs nimmt das Geschehen auf der Strecke unser komplettes Bewusstsein ein. Die nächsten Kurven, die Sprünge, Wurzeln und Steine. Dabei gilt unsere volle Konzentration dieser einen holprigen Sache und alle anderen Gedanken haben die Klappe zu halten bis sie dran sind.

Wer beim Downhillfahren über Probleme grübeln würde, dürfte sicher schon bald den nächsten Baum umarmen. Nur diesmal nicht barfuß und mit Zöpfen im Haar, sondern eher unsanft und ganz ohne Hippigedöns. Downhill bedeutet pures „Im-Moment-Sein“. Ein Meister dieses Faches war der kanadische Strahlemann mit seinem unvergleichlichen Oberlippenbart, Gewinner des Downhill-Worldcups im Jahr 2013, Stevie Smith. Mit seinem plötzlichen, tragischen Tod vor einigen Wochen wird uns die Wichtigkeit dieser Lebenseinstellung nochmal knallhart vor Augen geführt.